Auch im Spätherbst kann man in der Stadt noch so manches entdecken. Besonders, wenn die Blätter gefallen sind und dadurch Verborgenes, Mögliches und Unmögliches zum Vorschein kommt.
Zum Beispiel wie letztlich Ende November am südlichen Rand des Rabetparks: da waren mir Fragmente einer sonst vollkommen im Gebüsch versteckten alten Pumpe aufgefallen, siehe Bild rechts.
Über deren ,,Unmöglichkeit“, diese Pumpe im Allgemeinen, den früheren Standort im Besonderen und einen speziellen ,,Delphin-Krimi“ möchte ich im Folgenden berichten …
1. Unmöglichkeit
In den Jahren 1879 bis 1941 wurde von den Wasserwerken Leipzig eine Liste aller im öffentlichen Raum in Leipzig bestehenden Brunnen geführt (Brunnen Nationale), deren Nummerierung damals bis zur Nr. 282 reichte.
In der aktuellen Liste der Handschwengelpumpen in Leipzig gibt es interessanterweise zwar einen Eintrag zu einer Handschwengelpumpe Nr. 141 an der Neustadt-Neuschönefelder Straße Rabet, aber mit dem Vermerk:
Handschwengelpumpe mit Brunnenschacht und Abdeckplatte (Typ Delphin), gegenüber Nr. 14 – abgebaut [Quelle #1].
Demnach dürfte es dort heute eigentlich nichts mehr geben …
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2. der Delphin
Die Gehäuse der Leipziger Handschwengelpumpen weisen eine bemerkenswerte künstlerische Gestaltung auf, da sie zumeist aus künstlerischen Wettbewerben hervorgegangen sind. Die Pumpen sind in der Regel auf einer Granitplatte befestigt, die den darunter liegenden Brunnen abdeckt.
Die Pumpenart Delphin ist die älteste der „Schmucktypen“, sie war der verbreitetste Pumpentyp. Eine Zeichnung zu diesem Typ ist mit 1875 datiert. Der namengebende Delphin befindet sich auf der Spitze des schlanken, verzierten gusseisernen Schaftes und soll vermutlich den Zusammenhang zum Wasser symbolisieren. Der Handschwengel ist aus Schmiedeeisen. Die Gussteile wurden vom Jacobiwerk Meißen geliefert [Quelle #1].
Ja und den Pumpen-Delphin gibt’s leider am Rabet (wie man auf dem aktuellen Bild sieht) nicht mehr …
3. zum früheren Standort
Im Neuschönefelder Gemeindegebiet gab es ursprünglich vier öffentliche Brunnen. Darunter auch den relativ zentral gelegenen Brunnen am Rabet zwischen den alten Gemeinden Neuschönefeld, Reudnitz und Volkmarsdorf [Quelle #2].
Zur besseren Orientierung habe ich versucht die örtliche Lage auf der nebenstehenden Skizze darzustellen. Als Vorlage habe ich einen Plan der Stadt Leipzig aus den 1920er Jahren verwendet. Dort gab es einen kleinen Platz an der Kreuzung Rabet / Melchior- / Martha- und Adelheidstraße mit einem öffentlichen Brunnen und einem Kriegerdenkmal.
Diesen Platz mit einer Handschwengelpumpe gab es auch noch im Jahr 1975, als uns dort in der Melchiorstraße 14 eine Wohnung zugewiesen wurde.
Unterschied zum Plan aus den 1920er Jahren: die Adelheidstraße hieß inzwischen Otto-Runki-Straße und das Kriegerdenkmal gab es nicht mehr.
Das Bild links habe ich im Oktober 1975 (vor 43 Jahren) dort an der Ecke mit Blick in die Melchiorstraße aufgenommen. Dieses Haus war das flache Gebäude auf der linken Straßenseite. Rechts am Haus Otto-Runki-Str. 1 war damals das Gemeindeschild von Leipzig-Neuschönefeld angebracht. Die meisten dieser Häuser wurden in den Jahren 1976/77 abgerissen.
Zum damaligen Pumpenstandort im Abbruchgebiet des Rabetparks habe ich in meinem Filmarchiv noch zwei weitere interessante Bilder aus den Jahren 1977 und 1978 gefunden.
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Im Juni 1977 (Bild links) wurde gerade das etwas massivere Eckgebäude Rabet Nr. 13 abgebrochen, sonst sind schon alle Häuser in der Melchiorstraße bis zur Konradstraße abgeräumt.
Im August 1987 (Bild rechts) waren nahezu alle alten Häuser im Dreieck zwischen Rabet, Thümmel- und Konradstraße abgerissen. Im Hintergrund ist noch die nördliche Bebauung der Konradstraße und das Eckhaus zur Neustädter Straße zu sehen, die in der späteren zweiten Bauphase des Rabetparks ebenfalls abgerissen wurden. Das war sozusagen ein letzter Blick auf die Reste des alten Neuschönefelds.
4. Delphin-Krimi
Tatbestand: der Delphin fehlt (heute).
Frage: Wann wurde der Delphin geklaut?
Vermutung: naja, in der Gegend wechselt heute manches den Besitzer – würde mich nicht wundern, wenn das in den letzten Jahren passiert wäre.
Aber, wir haben ja drei alte Bilder aus den Jahren 1975 bis 1978, vielleicht kann man darauf schon was entdecken? Ich habe die betreffenden Bildausschnitte deshalb mal vergrößert wiedergegeben und siehe da …
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Aha, offenbar war der Delphin-Aufsatz bis zum Jahr 1977 noch auf der Pumpe zu sehen, siehe linkes und mittleres Bild.
Auf dem rechten Bild: seit dem August 1978 fehlt der Delphin-Aufsatz bereits.
Nix heute – schon früher geklaut.
Fakt ist: die Pumpe Nr. 141 existiert heute noch!!!
Nachtrag
Das Kriegerdenkmal stand übrigens hier am Rabet auf Neuschönefelder Gemeindegebiet von 1879 bis 1946.
Dazu gibt es auch eine interessante Geschichte – im Beitrag habe ich das ja nur am Rande erwähnt
Deshalb soll dazu demnächst ein kurzer Ergänzungsbeitrag darüber erscheinen. Bis bald.
Literatur- und Quellenangaben:
- Quelle #1: Literatur über Leipziger Handschwengelpumpen findet man z.B. hier – online: https://de.wikipedia.org/wiki/Handschwengelpumpen_in_Leipzig bzw. https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Handschwengelpumpen_in_Leipzig
- Quelle #2: Moritz Weißbach: Geschichte der Gemeinde Neuschönefeld, 1889, S. 18/19, Abschnitt VIII. Privat- und Hauswirtschaftswesen (Brunnen und Wasserleitungen)
- eigene Fotos
Immer wieder interessant, wie hier mit großem Spürsinn auch kleinsten Details nachgegangen wird. Ich wünsche mir, daß es auch im neuen Jahr so einiges zu entdecken gibt.
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