[Im Neustädter Markt Journal, Heft Februar 1994 (Nr. 28) auf Seite 4 ff. erschienen.]
Historisches über ein altes Sägewerksgelände

Stadtplanausschnitt der Leipziger Ostvororte aus Meyers Lexikon, um 1885
Die Gewerberaumrichtlinien für das Jahr 1994, so las ich im Leipziger Amtsblatt 1/94, weisen für die Laden-, Büro- und sonstigen Gewerberäume an der Eisenbahnstraße eine Gute Lage/ 2a mit Mieten bis zu 60,- DM/qm aus. Die Nachfrage scheint hoch zu sein. Die Mieter sind zum großen Teil neu im Gebiet.
Das war aber auch bei den ersten Gewerbeansiedlungen hier so gewesen.
Die älteste und zugleich größte Firma auf Neustädter Gebiet war das Sägewerk von Bäßler & Bomnitz.
Es lag etwa auf dem Areal, das heute zwischen Eisenbahn-, Luxemburg- und Neustädter Straße liegt.
Im Buch ,,Leipzig und seine Bauten“, Gerhardt‘s Verlag 1892, steht darüber folgendes:
,,Von den Sägewerken ist das hervorragendste das der Firma Baeßler & Bomnitz in Leipzig. Das Holzgeschäft dieser Firma besteht seit dem Jahre 1840. Im Jahre 1845 legten die Besitzer in unmittelbarer Nähe des Dresdner Bahnhofs in Leipzig die erstc Dampfschneidemühle im Königreich Sachsen an, welche gleichzeitig mit den ersten in Sachsen Betriebenen Vollgattenn versehen wurde. Die Anlage brannte 1856 ab und 1857 wurde dann auf einem bedeutend größeren Grundstück in Neustadt – Leipzig eine neue Schneidemühle mit sechs Gattern angelegt.
Schon im Jahre 1864 wurde neben dieser noch eine zweite Schneidemühle mit fünf Vollgattern, einem Trenngatter und einigen Kreissägen erbaut, beide Anlagen sind bis Anfang Juni 1889 im Betrieb gewesen, nach welcher Zeit sie wegen Einfügung des Grundstücks in den Stadtbauplan abgebrochen wurden.“
Ein Foto vom Sägewerk habe ich leider nicht in meinen Unterlagen, nur zwei angedeutete Schornsteine auf einem Stadtplan aus dem Jahr 1881,
siehe Ausschnitt, links.
Der ältere und größere Schornstein hatte in seinem unteren Teil einen Umfang von über 15 Metern und eine Mauerstärke von 1,5 Metern.
Er war 53 Meter hoch.
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Anmerkung 2014: In der Objektdatenbank des Stadtgeschichtlichen Museums von Leipzig kann man Online eine Farblithografie der „Dampfschneidemühle und Bauholzhandlung v. Bässler u. Bomnitz in Leipzig“ aufrufen: http://museum.zib.de/sgml_internet/sgml.php?seite=5&fld_0=z0048834
Die gleiche Lithografie ist auch im Album der sächsischen Industrie, Band 2, Neusalza : Oeser 1856 enthalten und online im Bestand der SLUB verfügbar: http://digital.slub-dresden.de/en/workview/dlf/506/30/0/
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Im Jahr 1888 waren in der Dampf-Schneidemühle 112 Arbeiter beschäftigt, der Jahresumsatz lag bei etwa einer Million Reichsmark.
Nach dem Abriß des Werkes im Juli 1889 konnte man bereits am 18. August im ,,Leipziger Stadt- und Dorfanzeiger“ lesen:
,,Geschwindigkeit ist keine Hexerei.
Kaum ist das Bäßler-Bomnitz‘sche Sägewerk geräumt, so ist das große zwischen der Eisenbahn-, Allee- und Hauptstraße gelegene Dreieck in voller Bautätigkeit. Das Areal wird von 5 Straßen durchschnitten werden, welche der Grundbesitzer beschleußen, pflastern und mit Trottoir belegen läßt. Auf den 80 Parzellen werden Tausende von Menschen Platz haben, wenn alle Baustellen erst ausgefüllt sind.“
Am 15. Dezember 1889 wird in der Zeitung die Ubergabe der ersten 10 Neubauten vermeldet.
Besonders die Parzellen an der Eisenhahnstraße wurden damals schnell mit Büro- und Geschäftshäusern bebaut, als Ladenstraße wurde sie über Leipzigs Grenzen hinaus bekannt.
Das kann man heute auch wünschen.
(Leipzig im Januar 1994, H. Stein)