Auch in der Leipziger Innenstadt gibt es noch ein paar der kleinen blau-emaillierten Blechschilder mit den Brandkataster-Nummern (BKN) an den Hauseingängen älterer Gebäude. Ich habe jetzt im Juli 2016 insgesamt nur noch 14 solcher BKN-Schilder in der Stadt entdecken können. Wo sind all diese Schilder geblieben?
Die Leipziger Innenstadt war und ist einer der dynamischsten Bauorte der Stadt. Da wurde und wird häufig an- und umgebaut oder abgerissen. Und oft blieben da die kleinen blauen Schilder auf der Strecke.
Was es mit diesen BKN-Schildern auf sich hat und wo man sie heute noch finden kann, damit beschäftigt sich dieser Beitrag.
1. Brandkatasternummern eine kleine Erinnerung zum Thema [aus dem Beitrag zu den BKN in L.-Neustadt]
In Sachsen gehen die BKN auf die 1784 gegründete Landesimmobiliar-Brandversicherungsanstalt für das Feuerversicherungswesens zurück. Seit 1835 verwaltete die dem Ministerium des Innern unterstellte Brandversicherungskommission das Brandversicherungswesen. In diesen Verordnungen wurde u.a. verfügt, dass alle Gebäude mit dem Namen der Besitzer und dem Versicherungswert aufzulisten und in ein Kataster einzutragen sind, Catastrirungsverfahren genannt.
Da die Brandkatasternummern fortlaufend vergeben wurden, kann man heute noch grob aus der Höhe der Nummer schließen, welches Haus älter oder jünger als ein anderes ist. Nötigenfalls bekamen die Gebäude bei Teilungen einen Buchstabenzusatz zur Nummer.
Eine Revision der Brandversicherung erfolgte im Jahr 1862. Im § 56 des Gesetzes von 1862 wurde bestimmt, wie die BKN an den Gebäuden anzubringen sind: ,,An dem Hauptgebäude eines jeden Grundstücks ist auch ferner, wie bisher, diejenige Nummer, welche es im Brandversicherungscataster führt, auf eine vor dem geschlossenen Gehöfte sichtbare Weise oberhalb des Hauptzugangs anzubringen.“
Die Größe der Brandkataster-Schilder wurde in Leipzig, soweit mir bekannt, auf 11 cm x 14 cm (Höhe x Breite) mit der Farbgebung blau/weiß festgelegt. Selten findet man auch Brandkataster-Schilder in der Größe 6 cm x 14 cm in weiß/schwarzer Ausführung.
2. aktuelle Übersicht der BKN in der Leipziger Innenstadt
Wo gibt es in der Leipziger Innenstadt heute noch die kleinen Brandkataster-Schilder an den Haustüren der Wohn- und Geschäftshäuser? Eine kleine rechts Skizze zeigt das.
3. Details zu diesen Gebäuden
Im Leipziger Adressbuch aus dem Jahr 1912 werden für den Innenstadtbereich (Abt. A) etwa 820 BKN genannt, zum Teil noch mit den Buchstaben A bis E untergliedert. Von den heute noch etwa 350 Gebäuden in der Leipziger Innenstadt habe ich Mitte Juli 2016 nur noch 14 Häuser entdeckt, an denen noch die kleinen Emailleschilder mit der Brandkataster-Nummer zu sehen sind und zwar folgende:
BKN (Brandkataster-Nummer) 121,
Ritterstraße 8/10, Geschwister-Scholl-Haus
Hochschulbau (mit zwei Hausnummern) in geschlossener Bebauung in den Jahren 1909/10 im Reformstil errichtet, mit Ladenzone; kraftvoll gestaltete Putzfassade mit Gliederung durch Rochlitzer Porphyrtuff, Haupteingang und Treppenhaus besonders hervorgehoben, wichtiges Werk des bedeutenden Architekten Fritz Schumacher, Wegbereiter der modernen Architektur, Professor in Dresden und später Stadtbaudirektor in Hamburg, baugeschichtlich, kunstgeschichtlich, künstlerisch und ortsgeschichtlich von Bedeutung.
In der sächsischen Liste der Kulturdenkmale wird es unter der Objekt-ID 09298414 geführt.
Siehe auch Info und Bilder im Leipziger Architekturführer, Architektur des Historismus und Stilkunst in Leipzig.
BKN 177,
Nikolaistraße 12/14
Das Gebäude wurde 1911/12 als Wohn- und Geschäftshaus in geschlossener Bebauung mit Durchgang und Hofflügeln errichtet.
In der sächsischen Liste der Kulturdenkmale wird es unter der Objekt-ID 09298365 geführt.
BKN 215,
Nikolaistraße 25
Im Jahr 1913 als Geschäftshaus in geschlossener Bebauung errichtet.
In der sächsischen Liste der Kulturdenkmale wird es unter der Objekt-ID 09298372 geführt.
BKN 506,
Dittrichring 24, Runde Ecke
In den Jahren 1912/13 als Bürogebäude der ehemaligen Leipziger Feuerversicherung errichtet, um 1955 und 1980er Jahre mit Eingang zur Bezirksverwaltung Leipzig des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR (Runde Ecke) und dem Haupteingang gegenüber Mast mit Überwachungskamera sowie in den 1950er Jahren nördlich angebauter Verwaltungsbau (Anschrift: Goerdelerring 20) mit großem Saal; hoher überregionaler Geschichts- und Erinnerungswert, große Wertigkeit für die Volksbildung, wissenschaftlich von großem Interesse
In der sächsischen Liste der Kulturdenkmale wird es unter der Objekt-ID 09298250 geführt.
BKN 558C,
Barfußgäßchen 13
In den Jahren 1904/05 als Wohn- und Geschäftshaus in geschlossener Bebauung (Putzfassade) errichtet.
In der sächsischen Liste der Kulturdenkmale wird es unter der Objekt-ID 09298210 geführt.
Siehe auch Info und Bilder im Leipziger Architekturführer, Architektur des Historismus und Stilkunst in Leipzig.
BKN 559,
Barfußgäßchen 11
In den Jahren 1905/06 als Wohn- und Geschäftshaus in geschlossener Bebauung in Ecklage Klostergasse errichtet, Putz-Sandstein-Fassade.
In der sächsischen Liste der Kulturdenkmale wird es unter der Objekt-ID 09298208 geführt.
Siehe auch Info und Bilder im Leipziger Architekturführer, Architektur des Historismus und Stilkunst in Leipzig.
BKN 566, ursprünglich als weißes Emaille-Schild mit schwarzer Schrift ausgeführt und heute nur noch auf dem zweiten Blick erkennbar.
Dittrichring 10
In den Jahren 1903/04 als Wohn- und Geschäftshaus in geschlossener Bebauung mit Tordurchfahrt errichtet, prachtvoller Jugendstilbau.
In der sächsischen Liste der Kulturdenkmale wird es unter der Objekt-ID 09298245 geführt.
BKN 566B,
Dittrichring 12
In den Jahren 1902–1904 als Pfarr- und Wohnhaus mit Gemeindesaal in geschlossener Bebauung mit Tordurchfahrt errichtet, Putzfassade mit Sandsteingliederung.
In der sächsischen Liste der Kulturdenkmale wird es unter der Objekt-ID 09298246 geführt.
BKN 569,
Thomaskirchhof 18, Thomashaus
Nach Abriss der früheren Thomasschule in den Jahren 1902–1904 als Pfarramtskanzlei (Superintendentur) in offener Bebauung mit Natursteinfassade errichtet, mit Einfriedung, Garten sowie Gedenktafel am Dittrichring für Heinrich von Morungen.
In der sächsischen Liste der Kulturdenkmale wird es unter der Objekt-ID 09298433 geführt.
BKN 570,
Thomaskirchhof 17
Um 1870 als Wohn- und Geschäftshaus in geschlossener Bebauung mit Ladenzone und Putzfassade errichtet.
In der sächsischen Liste der Kulturdenkmale wird es unter der Objekt-ID 09298425 geführt.
Siehe auch Info und Bilder im Leipziger Architekturführer, Architektur des Historismus und Stilkunst in Leipzig.
BKN 589B,
Ratsfreischulstraße 10
Um 1870 errichtetes Wohn- und Geschäftshaus in geschlossener Bebauung, Putzfassade mit reicher Stuckgliederung.
In der sächsischen Liste der Kulturdenkmale wird es unter der Objekt-ID 09298422 geführt.
BKN 589E,
Dittrichring 6
In den Jahren 1875/76 als Wohn- und Geschäftshaus in geschlossener Bebauung mit Tordurchfahrt und Läden, Hinterhaus und Seitenflügel errichtet, mit üppig dekorierter Putz-Stuck-Fassade. In den Jahren 2009/10 umfangreich saniert.
In der sächsischen Liste der Kulturdenkmale wird es unter der Objekt-ID 09298243 geführt.
Siehe auch Info und Bilder im Leipziger Architekturführer, Architektur des Historismus und Stilkunst in Leipzig.
BKN 739,
Petersstraße 46
In den Jahren 1887/88 als Wohn- und Geschäftshaus in geschlossener Bebauung mit Sandsteinfassade errichtet.
In der sächsischen Liste der Kulturdenkmale wird es unter der Objekt-ID 09298398 geführt.
BKN 796,
Nikolaistraße 59
In den Jahren 1913/14 als Geschäftshaus in ehemals geschlossener Bebauung in Ecklage Richard-Wagner-Straße errichtet; reich gegliederte Muschelkalksteinfassade im Reformstil der Zeit um 1910, Fassade durch mehrere Erker betont, baugeschichtlich und ortsgeschichtlich von Bedeutung, platzbildprägende Lage gegenüber dem Hauptbahnhof .
In der sächsischen Liste der Kulturdenkmale wird es unter der Objekt-ID 09298381 geführt.
4. Fotos von diesen Gebäuden
Fotogalerie:
Hinweise:
zu weiteren alten Brandkataster-Schilder im Leipziger Osten findet man hier einen Überblick
oder man kann auch bei Geheimtipp Leipzig auf die Schilder-Pirsch gehen: hier
Literatur:
William L. Evenden: Deutsche Feuerversicherungs-Schilder /German Fire Marks Gebundene Ausgabe – VVW Karlsruhe, 1989
S. 220/221: 81. Landes-Brandversicherungsanstalt für den Freistaat Sachsen (Dresden, 17729 – 1945), über Leipziger Bran-Katasternummern-Schilder auf Seite 221.
ISBN-10: 3884871900
ISBN-13: 978-3884871904