Ost-Passage Theater, Teil 2 (2019)

Im März 2019 konnte das Ost-Passage Theater auf eine einjährige Spielzeit zurückblicken.

Glückwünsch dazu!

Und Grund genug zu einem Gespräch mit Daniel Schade, der dort für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist,
einem kleinen allgemeinen Rückblick, was sich seit dem letzten Beitrag über die Ost-Passage vom September 2015 hier getan hat und
über die Kultur im historischen Kontext dieses Hauses im Besonderen.


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ein Jahr Ost-Passage Theater im Leipziger Osten
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Am Mittwoch, den 27. März 2019 hatte ich mich mit Daniel Schade in der oberen Etage des Gebäudes in der Konradstraße 27 verabredet.
Meine erste Feststellung: hier hat sich ja eine Menge seit meinem ersten Besuch zum Tag des offenen Denkmals am 13. September 2015 (Bild unten links) zum Vorteil verändert. Der damals fast besenreine leere Raum wird heute durch eine gestaffelte Bestuhlung auf der Zuschauerseite mit 96 Sitzplätzen dominiert (Bild rechts).

Bei der Gestaltung des Theaterraums wurde die ursprüngliche Raumstruktur übernommen, die alten Schillerbögen und das bunte Gemisch der ursprünglichen Farbschichten geben dem Raum aus meiner Sicht einen tollen maroden Charme. Natürlich ist auch eine Heizungsanlage dazugekommen – es soll ja nicht nur Sommertheater stattfinden. Und auf der Bühnenseite gibt es jetzt einen richtigen Theatervorhang, Bild rechts.

Am Freitag, den 9. März 2018 wurde die Kultureinrichtung unter dem historischen Namen Ost-Passage Theater eröffnet. Die Leipziger Internet-Zeitung (L-IZ) schrieb dazu:

Kultur an der Eisenbahnstraße
12 Menschen werden hier in einen neuen kulturellen Alltag starten, ein Programm für das ganze Viertel anbieten und freuen sich ab dem 9. März 2018 auf die ersten Besucher. [Quelle #1]

Aus den 12 ehrenamtlich beschäftigten Akteuren sind inzwischen fast 20 geworden. Daniel S. zählt mir dazu Künstler, Pädagogen, Handwerker und Therapeuten auf, die gemeinsam den Theaterbetrieb stemmen. Im ersten Jahr fanden etwa 220 Veranstaltungen verschiedenster Art statt. Wenn man die monatlichen Veranstaltungs-Flyer Revue passieren läßt, dann teilt sich das in etwa wie folgt auf:

  • 40 % Theateraufführungen,
  • 20 % Kinovorstellungen,
  • 20 % Diskussionsforen, Klubveranstaltungen,
  • 15 % Konzerte und musikalische Veranstaltungen
  • und etwa 5 % andere Veranstaltungen (Varieté, Lesungen und mehr).

Ein besonderer Höhepunkt zum einjährigen Jubiläum: am Samstag, den 9. März 2019, fand im Ost-Passage Theater an der Eisenbahnstraße ein 60minütiges Geburtstags-Programm des Gewandhauses Leipzig statt. Das zeigte aus meiner Sicht einmal mehr die Verbundenheit innerhalb der Leipziger Kulturszene.

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,,Der Mensch soll hier die Mitmenschen studieren!“
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Dieser Leitspruch wurde (auch) bei der (Wieder-) Eröffnung des Ost-Passage Theaters am 9. März 2018 zitiert. [Quelle #2]

Dieses Zitat hat eine Vorgeschichte – es stammt ursprünglich von der Eröffnung des (ersten) Ost-Passage Theaters, das am 11. Oktober 1912 in der vormaligen Markthalle in der Eisenbahnstraße 74 feierlich eingeweiht wurde.
Damals hielt Arthur Mellini als einer der ersten deutschen Lichtspiel-Theaterkritiker eine Begrüßungsansprache, in der er über die Bedeutung der Lichtspiel-Theater, den damit verbundenem Bildungsauftrag und die Erziehung der Kinobesucher zum Theaterpublikum sprach – der Mensch soll hier die Mitmenschen studieren. [Quelle #3]

In der Leipziger Volkszeitung konnte man am 12. Oktober 1912 über Eröffnung des Ost-Passage Theaters folgende kritische Worte lesen:

Es ist ein schmucker Bau, das neue Lichtspieltheater in der Eisenbahnstraße, ganz im modernen Stile ausgeführt. Der Theatersaal ist ein Schmuckkästlein, einfach aber geschmackvoll dekoriert, hoch geräumig und luftig.
Aber es wirkt befremdend, wenn in solch schmucken Saal Vorführungen geboten werden, wie dies gestern bei der Eröffnungsvorstellung vor geladenem Publikum geschah. … Die ödesten ,,Komödien“ und ,,Humoresken“, verlogene, rührselige Dramen, Räubergeschichten bilden die Hauptvorführungen der ,,modernen“ Kinos. Es gehört schon etwas mehr als Naivität dazu, angesichts solcher ‚Zustände von dem Kino als Bildungsfaktor zu reden. Mit diesem Programm stehen die Worte des Herren Mellini, der eine Begrüßungsansprache hielt, im krassesten Gegensatz. [Quelle #4]

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Bestandsaufnahme historischer Details
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      • Gebäudewandel:
        9. Dezember 1909: Eröffnung Markt- und Kaufhalle Ost in der Passage Eisenbahnstraße 74 / Konradstraße 29
        11. Oktober 1912: Eröffnung Ost-Passage-Theater in der Eisenbahnstraße 74
        1968 – 1986 Gemeindehaus der Leipziger Mormonen (Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage) Ernst-Thälmann-Straße 74
        26. Oktober 2009: Eröffnung Supermarkt ALDI in der Konradstraße 27
        9. März 2018: Eröffnung Ost-Passage Theater in der Konradstraße 27
        [u.a. Quelle #5]
      • Bilder-Galerie

       

      Quellen & Nachweise:

      Quelle #1:  Leipziger Internet-Zeitung, online: https://www.l-iz.de/kultur/lebensart/2018/02/Neuer-Kulturbetrieb-an-der-Eisenbahnstrasse-In-der-%E2%80%9EOstpassage%E2%80%9C-gehen-die-Lichter-an-205578

      Quelle #2:   Leipziger Volkszeitung, Montag, 12. März 2018, online: http://www.lvz.de/Nachrichten/Kultur/Kultur-Regional/Ost-Passage-Theater-Leipzig-Eroeffnungsperformance

      Quelle #3:   Arthur Mellini: Die Erziehung der Kinobesucher zum Theaterpublikum. In: Lichtbild-Bühne, Nr. 112, 17.9.1910, S. 6., Anmerkung: Mellini war der Künstlername des Artisten Arthur Nothnagel

      Quelle #4:   Leipziger Volkszeitung, Sonnabend 12. Oktober 1912, Seiten 9 und 11, online: https://digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/167221/

      Quelle #5:   Neustädter Fundstücke von Juliane Lutter (2012), online: https://studienart.gko.uni-leipzig.de/neustadt/2012/06/12/fotografie/

Fotos, wenn nicht anders angegeben von mir,
aufgenommen mit Sony SLT A57 und dem kleinen Zoomobjektiv Tamron 17 – 55 mm, Innenaufnahmen durch Mehrfachbelichtung bei Nachteinstellung.

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