Am 30. April 2016 hat die 6. Leipziger Stadtteilexpedition im Gebiet des heutigen Ortsteils Reudnitz-Thonberg stattgefunden. Genauer gesagt im Gebiet südlich des Lene-Voigt-Parks und daher hieß es: Lenes Nachbarn – die andere Seite von Reudnitz.
Innerhalb der Vorbereitungswoche hatte ich am 28. April ein paar Geschichten über alte Reudnitzer Freunde und den Ostplatz zu einem Tausch-Picknick zum Simonsplatz mitgebracht. Bei wechselhaftem Wetter gab’s dafür Kaffee und Schokoladenkuchen – Danke an Antje Rademacker und Diana Wesser.
Auf der Facebook-Seite der Stadtteilexpeditionen steht:
Dunkel. Dreckig. Reudnitz. [D.D.R.] – dieser Ruf hält sich beständig über dem Stadtteil im Leipziger Osten. Antworten auf diese Fragen konnte sich jeder selbst suchen bei der 6. Leipziger Stadtteilexpedition …
Stimmt das mit dem Dunklen und Dreckigen wie zu DDR-Zeiten heute in Reudnitz noch oder ist das nur ein reizvolles Wortspiel? Wie lebt es sich heute? Wer wohnt da? Und was macht Reudnitz aus?
Als Neugierige waren meine Frau und ich pünktlich zu Exkursionsbeginn um 14 Uhr im Stadtteilzentrum Mühlstraße 14 (mit vielen anderen Interessierten) startbereit erschienen und erhielten von Antje einen temporären Stadtplan mit vielen Stationen und Hinweisen, um das Viertel individuell zu erforschen und mit Leuten aus Reudnitz Gespräche zu führen. Auf dem Plan habe ich unsere Erkundungsroute skizziert:
Unsere Erkundung begann (Nr. 1) im soziokulturellem Stadtteilzentrum Mühlstraße 14 e.V. und gleich rüber über die Straße zum ersten Ziel der Sternburg-Brauerei Mühlstraße 13 (Nr. 2). Dort bin ich mit Alexander Gondosch über die Geschichte der Brauerei ins Gespräch und wir als fünfköpfige Besuchergruppe per Pedes über eine Wendeltreppe hoch auf die Gärtanks der Brauerei gestiegen. (Uff, immer schön locker bleiben!) Dort gab es für uns einen tollen und sonnabendlich-sonnigen Rundblick über Reudnitz und die ganze Stadt. In so einem Gärtank befinden sich etwa 300.000 l Bier und Alex hat uns erklärt, dass ein einzelner Trinker 80 Jahre lang 30 Glas Bier pro Tag verdrücken müßte, um den Tank zu leeren 😉
Nach 20 min schraubten wir uns wieder die Wendeltreppe hinab.
Vorbei an den WBS70-Plattenbauten an der Cäcilienstraße (I – 1989-90 errichtet) sind meine Frau und ich zu ,,Eisträumerei„, Riebeckstraße 23 gegangen (Nr. 10) und haben uns dort von Chefin Conny die Eiswerkstatt zeigen und erläutern lassen. Um einen ständigen Nachschub an leckerem Eis garantieren zu können wird regelmäßig eine italienische Eismaschine angeworfen und die pasteurisierte Eiscreme in großen Gefrierschränken für den Abruf eingelagert. An der Schrank-Inhaltstafel stand auch Hexen-Eis dran. Das haben wir natürlich am Nachmittag vor der Walpurgisnacht probiert. Dieses Eis ist tiefschwarz und aus vertraulichen Informationen wissen wir jetzt, dass da Aktivkohle eine wichtige Rolle gespielt hat … Als Zugabe haben wir noch ein Probier-Schälchen mit Erdbeersorbet-Sekt-Eis bekommen.
Als nächstes wollten wir das Clown-Museum in der Reiskestraße 14 (Nr. 11) besuchen. Leider war die Eingangsstür geschlossen. Also sind wir die Reiskestraße in Richtung Norden gegangen und haben die schönen Wohnhäuser (E) betrachtet. Vom Landesamt für Denkmalpflege Sachsen wurden diese Wohnhäuser unter der Objekt-ID 09263280 registriert: 1925–1926 errichtete Miethäuser in offener Bebauung in Ecklage und Häuserblock Kurt-Günther- und Stammstraße mit Vorgärten (Putzfassade). Hier könnte man gut wohnen, meinen wir beide. Zum Teil befinden sich auch noch die alten Brandkataster-Schilder an den Hauseingängen, siehe Fotogalerie.
Vorbei an der Humboldschule (C – 1908 gebaut) sind wir der Möbiusstraße bis zu den schönen Balkonen am Möbiusplatz gefolgt. Die Häuser dort stehen auch unter Denkmalsschutz, Objekt-ID ist die 09263412. In der Denkmalschutzliste steht: 1908 erbautes Miethaus in geschlossener Bebauung mit Vorgarten (Klinkerfassade; farbig verglaste Veranden; Treppenhausfenster mit Resten farbiger Verglasung; Terrazzo und Mosaik im Eingang).
Der Oststraße stadtauswärts folgend haben wir an der Ecke zur Holsteinstraße über den ehemaligen Riebeckteich (siehe auch Geheimtipp Leipzig) fabuliert und uns den Standort der Bäckerei Wiesel eingeprägt – letztere müssen wir unbedingt mal testen!
Rast gemacht haben wir anschließend auf den Reudnitzer Terrassen, Oststraße 81 (stand zwar nicht auf dem temporären Stadtplan, war aber trotzdem gut). Es gab ein kühles Bier und ein schmackhaftes Essen.
Frisch gestärkt sind wir dann über Lipsius-, Riebeck- und Mühlstraße und vorbei am Café des Domizils am Ostplatz (Nr. 3), Stiftstraße 2, zum Ostplatz gelaufen und haben uns dort noch das Haus Ostplatz 4 angeschaut. Aber das Thema Ostplatz hatte ich ja schon eingangs erwähnt.
Fazit: der südlich vom Lene-Voigt-Park Teil von Reudnitz-Thonberg ist wesentlich besser als der eingangs erwähnte Ruf – es ist hell und ,,grau“ gibt’s nur noch wenig. Da möchte man schon gern mal nach einer freien Mietwohnung nachfragen.
Ein gut umgesetzter Wandel in den 25 Jahren nach der Wende, meinen wir.
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4 x g = gern geschriebene geschichte + grüße
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