Im alten Fotoalbum meines Vaters habe ich kleines Familienbild aus dem Jahr 1925 entdeckt. Darauf sind mein Vater Werner (2. v.l.) mit seinen beiden Geschwistern Liselotte und Johannes, ihren Eltern (meinen Großeltern Luise und Gerhard) und der Schwester meiner Großmutter ,,Teta“ (links im Bild) in verzückter Runde zu sehen.
…Nein, die haben damals keine Drogen genommen, sondern Kopfhörer auf den Ohren und lauschen verzückt neuen, ungeahnten Radioklängen.
Das war damals schon eine umwerfende ganz neue Sache mit einem einfachen Detektor-Empfänger und ganz ohne Stromanschluss …
Meine Großeltern waren im Jahr 1925 gerade von der Connewitzer Simildenstraße 26 in den Leipziger Süden, die Fichtestraße 49, umgezogen. Nach der Inflationszeit hatte mein Großvater endlich wieder eine feste Anstellung als Stadtbaumeister erhalten – es ging in der Familie wieder etwas aufwärts und da hatte man auch wieder Zeit, mal was Neue auszuprobieren wie ein neuartiges Detektorradio. Vielleicht hat das meinen Vater auch bewogen später Elektrotechnik zu studieren. Das ist sehr gut möglich.
Öffentlichen Rundfunk gab es übrigens in Deutschland erst seit dem Oktober 1923. Damals hatten die einfachen Leute mitten in der schlimmsten Inflationszeit aber alles andere im Sinn als Radio zu hören. Das änderte sich erst in den nachfolgenden besseren, ,,goldenen 20er Jahren“. Im Jahr 1925 gab es [lt. Wikipedia] bereits über eine Millionen angemeldete Rundfunk-Hörer. Heute würde man von einem ,,Hype“ sprechen, damals wurde das anfangs als ,,Modetorheit Rundfunk“ bezeichnet.
Aus dem Kuriosum wurde schnell ein Massenmedium. Vielleicht ähnlich wie heute der heimische Rechner oder das smarte Telefon.
Die ersten Radiogeräte waren damals sehr einfache und auch relativ billige Detektorempfänger, die mitsamt Kopfhörer in der ersten Zeit ganz eindeutig das Feld beherrschten: mit einer spitzen Metallfeder, die auf einem bestimmten Mineral wie beispielsweise Bleiglanz und Eisenpyrit einen Kontakt herstellte. Von der Funktion her entsprach das schon prinzipiell einer späteren Gleichrichterdiode, mit der die empfangene Wechselspannung gleichgerichtet wurde. Mit Antenne und Erdkontakt ausgerüstet war wie von Zauberhand schon ein einfacher ungeahnter Rundfunkempfang möglich – faszinierend!
Anmerkung: Das Foto ist übrigens nur 7,4 cm mal 5,4 cm klein. Vielleicht ist das ein Kontaktabzug von einem alten Planfilm oder einer alten Fotoplatte gewesen?