Leipzig, am 9. Oktober ’89
Im Herbst 1989 (vor 25 Jahren) hatte sich die Situation hier in Leipzig in einer bis dahin nicht für möglich gehaltenen Dramatik zugespitzt. Das Geschehen im real erlebten Alltag entfernte sich immer mehr von dem, was die Partei- und Staatsführung der DDR propagierte: die Ulmen im Leipziger Auenwald waren schon lange tot, die Flüsse waren inzwischen Abwässergräben, die Luft war verpestet, die Stadt versank im grauen Staub, die Wohnhäuser verfielen, vom Süden fraßen sich die Bagger in Richtung Stadt und hinterließen Mondlandschaften …
Aber, nach dem 40. Jahrestag der DDR, der in Berlin am 7. Oktober mit Pomp und Jubel begangen worden war, deutete alles darauf hin, dass nun auch in der Republik überall „aufgeräumt“ werden sollte, speziell auch mit den Leipziger Bürgerprotesten im Anschluss an die montäglichen Friedensgebete.
Alles das stand am Montag, den 9. Oktober in Leipzig auf des Messers Schneide.
Unser Tag verlief so:



Der Leipziger Montagabend am 13.11.1989 hatte eine entscheidende Bedeutung, weil sich die Frage stellte: kommt jetzt nach der Maueröffnung in der letzten Woche noch jemand zur Montagsdemo auf den Leipziger Ring oder verflachen jetzt die Regime-Proteste?
,,KONSUM, was soll’s?!“ –
Gerade in den letzten Tagen wurde in der Presse über das Für und Wider einer unterirdischen Verbindungsbahn zwischen Hauptbahnhof und Bayerischem Bahnhof gestritten. Dieser Streit ist ja schon mindestens so alt wie der Hauptbahnhof. Bereits beim Bau des Hauptbahnhofes wurde auf die unterirdische Verbindung mit dem Bayerischen Bahnhof Rücksicht genommen und ein entsprechendes Tunnelstück für den künftigen Untergrundbahnhof mit eingebaut. Die Planungen von 1912 gingen von einer Verbindung der östlichen und südlichen Vorortstrecken aus und sahen als ,,Stammlinie“ die Verbindung Borsdorf – Hauptbahnhof – Bayerischer Bahnhof – Gaschwitz vor. Die Tunneleinfahrt ist heute noch an der Brandenburger Brücke zu sehen. 


